Fibromyalgie-Syndrom [ FMS ]

Ein häufiges chronisches Schmerzsyndrom, welches durch schmerzhafte Druckpunkte, vegetative Symptome und funktionelle Beschwerden charakterisiert ist. Es handelt sich um eine gutartige Erkrankung mit hohem Leidensdruck für den Betroffenen. Tiefe Muskelschmerzen in verschiedenen Körperregionen sind dabei typisch. Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafprobleme kommen hinzu. Die Ursachen der Krankheit sind noch nicht bekannt, möglich ist aber eine gestörte Schmerzverarbeitung.

Gängige Schmerzmittel versagen meist, daher ist eine Behandlung schwierig. Die Ursachen von Fibromyalgie sind bis heute nicht vollständig geklärt. In den meisten Fällen findet sich kein eindeutiger Auslöser der Schmerzkrankheit. Es handelt sich nicht um eine entzündlich-rheumatische Erkrankung der Muskeln oder Gelenke und auch nicht um verschleißbedingte Schmerzen.

Der Begriff „Fibromyalgie“ steht für Faser-Muskel-Schmerzen (FMS). Das beschreibt bereits das zentrale Symptom der Erkrankung. Meist handelt es sich um anhaltende, tiefe Muskelschmerzen, die von Missempfindungen begleitet werden. Sie lassen sich bislang nicht durch krankhafte Prozesse erklären. Schlafstörungen und Erschöpfung sind weitere Hauptsymptome. Häufig geht eine Fibromyalgie auch mit seelischen Beschwerden wie Depressionen oder Angst einher. Das Hauptsymptom der Fibromyalgie ist ein diffuser und chronischer Schmerz. Oft beschreiben die Betroffenen ihn als tiefen Muskelschmerz, zu dem Steifigkeit, Brennen, Klopfen, Taubheitsgefühl und Kribbeln hinzu kommen können. Manchmal fühlen sich auch Gelenke oder Muskeln geschwollen an. Der Schmerz kann sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren. Häufig betroffen sind vor allem Nacken, Rücken, Arme, Beine und Brust. Der Schmerz kann aber auch in anderen Körperregionen auftreten.

Die Schmerzbelastung und -intensität wird durch Wetter, Temperatur, Tageszeit, Stressbelastung und körperliche Aktivität zudem oft beeinflusst bzw. verstärkt. Bei manchen Patienten ist der Schmerz morgens besonders intensiv. Er bessert sich dann im Laufe des Tages. Wärme und mäßige Aktivität können die Fibromyalgie-Symptome meist etwas lindern. Schmerzhafte Druckpunkte (Tender-Points nicht zu verwechseln mit den sogenannten Triggerpunkten): Typisch für Patienten mit Fibromyalgie ist, dass sie besonders sensibel auf Druck an bestimmten Körperpunkten reagieren. Insgesamt gibt es 18 dieser sogenannten Tender-Points. Neben den muskulären Schmerzen plagen Menschen mit Fibromyalgie außerdem auch häufig Kopfschmerzen oder Migräne, aber auch Reizdarm-Symptome mit häufigen Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung sind verbreitet. Andere wieder leiden unter Schmerzen, die einem Harnwegsinfekt ähneln.

Schmerzendes Gesicht
Eine spezielle Variante der Fibromyalgie äußert sich als sogenanntes Temporomandibulargelenk-Syndrom, bei dem Gesicht und Kiefer schmerzen. Letzteren können die Personen nur eingeschränkt bewegen, was ihnen Probleme beim Kauen bereitet. Mehr als 90 % der Fibromyalgie-Patienten leiden unter Müdigkeit und Erschöpfung. Oft kommen Schlafstörungen hinzu – ihr Schlaf ist leicht und sie wachen häufig auf. Außerdem leiden sie häufiger unter Schlafapnoe. Dabei treten Atemaussetzer in der Nacht beim Schnarchen auf. Der Schlaf ist dann wenig erholsam und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt.

Fatigue bei Fibromyalgie
Die Schlafstörungen können in ein chronisches Müdigkeitssyndrom, das chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) münden. Dies ist der Fachbegriff für chronische Müdigkeit. Tatsächlich erfüllen die meisten Fatigue-Betroffenen die Kriterien für Fibromyalgie. Umgekehrt leiden mehr als zwei Drittel der Fibromyalgie-Erkrankten unter CFS.

Restless-Legs-Syndrom (RLS)
Eine Erkrankung, die ebenfalls häufig bei Fibromyalgie-Patienten auftritt. Betroffene leiden in Ruhe unter quälendem Ziehen oder Kribbeln in den Beinen. Die Symptome lassen sich nur durch Bewegung lindern. Auch das kann erhebliche Schlafstörungen und nachfolgend Müdigkeit verursachen.

Die seelische Symptome der Fibromyalgie
Depressive Symptome wie Nervosität, innere Unruhe, Niedergeschlagenheit und Antriebsverlust mit seelischen Beschwerden, sind häufig mit einer Fibromyalgie einhergehend. Rund 30 Prozent der Fibromyalgie-Betroffenen erkranken an einer echten Depression. Andere entwickeln neben der Fibromyalgie auch eine Angststörung. Auf Reize wie Gerüche, Lärm oder Licht reagieren Menschen mit Fibromyalgie besonders empfindlich. Weitere Fibromyalgie-Symptome treten infolge der gestörten Körperregulation auf. Zu solchen vegetativen Symptomen zählen vermehrtes Zittern (Tremor), übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrosis), reduzierter Speichelfluss und kalte Finger. Ärzte teilen die Erkrankung auch in unterschiedliche Schweregrade ein, da die Symptome bei Patienten sehr vielfältig und unterschiedlich sein können. Manche Betroffene mit leichteren Formen haben neben den Schmerzen in verschiedenen Körperregionen kaum oder gar keine anderen körperlichen und seelischen Beschwerden. Sie erleben häufig längere beschwerdefreie Intervalle und sind in ihrer Lebensqualität im Beruf und Freizeit kaum beeinträchtigt. Andere haben neben den chronischen Schmerzen weitere körperliche sowie seelische Fibromyalgie-Symptome. Diese sind in ihrem Alltag mäßig oder sogar deutlich beeinträchtigt. Da die Auslöser und Krankheitsmechanismen von Fibromyalgie bislang erst ansatzweise bekannt sind, zielt eine Fibromyalgie-Therapie daher nicht auf eine Heilung der Erkrankung, sondern auf die Besserung der Beschwerden. Doch das ist in vielen Fällen schwierig. Daher geht es vor allem darum, bestmöglich mit der Erkrankung umzugehen und eine höchstmögliche Lebensqualität zu erreichen, auch wenn die Schmerzen nicht verschwinden. Mediziner empfehlen den Patienten zwei- bis dreimal pro Woche ein Ausdauertraining in geringer bis mittlerer Intensität, denn Bewegung ist der wichtigste Baustein einer Behandlung. Ziel ist, im sogenannten aeroben Bereich zu bleiben, bei dem der Körper nicht mehr Sauerstoff verbraucht als er gerade aufnimmt. Ein guter Anhaltspunkt ist, dass man während des Trainings noch genügend Luft hat, um sich mühelos unterhalten zu können. Betroffene sollten neben der Herz Kreislauf Fitness die Funktion ihrer Gelenke und Muskeln, Flexibilität, Kraft und Koordination gezielt trainieren. Dazu empfehlen Experten. Eine Wärmebehandlung kann die Beschwerden bessern. Bei den meisten Patienten verschlimmert Kälte die Symptome. Wie stark Schmerzen wahrgenommen werden, ist abhängig von der inneren Haltung gegenüber den Beschwerden. Im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen die Patienten den Schmerz neu zu bewerten. Er ist dann noch vorhanden, steht aber nicht länger im Mittelpunkt des Bewusstseins. Ein Therapeut kann in Zusammenarbeit mit dem Patienten auch Denk- und Wahrnehmungsmuster aufdecken, die den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen. Werden sie durchbrochen, kann das die Schmerzwahrnehmung erheblich verändern.

ENTSPANNUNGSVERFAHREN
Stress verstärkt die Beschwerden, daher sind Entspannungstechniken wichtige Elemente der Fibromyalgie-Therapie. Dazu zählen autogenes Training und progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Auch fernöstliche Entspannungsverfahren wie Tai-Chi, Qi-Gong und Yoga können helfen. Medikamente können in schwereren Fällen ein wichtiger ergänzender Baustein der Fibromyalgie-Therapie sein.

Wirkungslose Schmerzmittel
Obwohl Schmerzen das Hauptsymptom bei Fibromyalgie sind, werden die meisten gängigen Schmerzmittel zur Fibromyalgie-Therapie nicht empfohlen – sie wirken wenig oder gar nicht. Fibromyalgie geht nicht mit entzündlichen Veränderungen einher. Aus diesem Grund setzt man keine entzündungshemmend wirksamen Schmerzmittel wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure und Paracetamol und auch kein Kortison ein.

ALTERNATIVE HEILVERFAHREN
Da die Therapie mit schulmedizinischen Mitteln oft nicht ausreicht, wenden sich viele Patienten alternativen Heilverfahren zu. Dazu zählen Methoden der traditionellen chinesischen Medizin wie die Akupunktur, aber auch die Osteopathie. Andere Fibromyalgie-Patienten setzen auf Homöopathie. Meistens benötigen Menschen, die unter Fibromyalgie leiden, mehr Entspannung, Schlaf und Bewegung als Gesunde. Für den Therapieerfolg ist es entscheidend, dass der Betroffene alle Maßnahmen aktiv unterstützt.

Viel Obst und Gemüse essen
Obst und Gemüse enthalten viele Antioxidantien. Sie fangen aggressive Sauerstoffmoleküle im Körper ab, sogenannte freie Radikale. Bei Fibromyalgie könnten davon besonders viele im Körper kursieren. Darum könnte sich eine pflanzenreiche Kost positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.

Wenig Fleisch essen
Im Fleisch ist viel Arachidonsäure enthalten, was die Entzündungsprozesse fördert. Menschen mit Fibromyalgie können ihren Eiweißbedarf auch über Milchprodukte oder pflanzliche Eiweißlieferanten, wie z. B. Soja und andere Hülsenfrüchte decken.

Genussmittel nur in Maßen
Alkohol, Schokolade und Kaffee, aber auch Nikotin verstärken muskuläre Unruhe. Daher sollten sie nicht zu reichlich konsumiert werden. Stattdessen empfiehlt sich grüner Tee, der eine starke antioxidative Wirkung hat.

Die wichtigste Hypothese zu den Ursachen einer Fibromyalgie ist derzeit, dass die zentralnervöse Schmerzwahrnehmung der Patienten verändert ist. Die Schwelle der Schmerzwahrnehmung liegt bei ihnen niedriger als gewöhnlich, sodass das Gehirn bereits leichte Reize als Schmerz wahrnimmt und diesem eine größere Bedeutung beimisst.

Untersuchungen der Universität Würzburg haben erstmals einen echten organischen Befund bei Fibromyalgie erbracht. Die Forscher stellten fest, dass die kleinen Nervenfasern im Muskelgewebe von Betroffenen mit Fibromyalgie verändert waren. Ob das auf alle Betroffene mit Fibromyalgie zutrifft, ist noch offen.

Stress, physische oder emotionale Verletzungen (Traumata) können es begünstigen, dass sich eine Fibromyalgie entwickelt. Sie taucht häufig in Phasen großer Belastung auf. Auch erkranken Menschen, die in der Kindheit oder als Erwachsene misshandelt oder sexuell missbraucht wurden, häufiger an Fibromyalgie. Zudem kann die hohe Belastung, die mit einem schweren Krankheitsverlauf einhergeht, Ängste und Depressionen begünstigen.

Aber auch ein ungünstiger Lebensstil kann die Krankheit fördern. Dazu zählen Rauchen, Übergewicht und geringe körperliche Aktivität. In manchen Fällen scheint sich Fibromyalgie im Zuge einer anderen Erkrankung zu entwickeln. Im Gegensatz zu einer primären Fibromyalgie, bei der keine anderen Erkrankungen als Ursache infrage kommen, spricht man hier von einer sekundären Fibromyalgie. Zu den Krankheiten, die Fibromyalgie begünstigen, gehören ...

  • Rheumatische Erkrankungen
  • Infektionserkrankungen – meist Virusinfektionen mit dem Epstein-Barr-Virus, Hepatitis-Viren und HI-Viren
  • bestimmte Tumorerkrankungen
  • Störungen des Hormonhaushalts

Bei Verdacht auf ein Fibromyalgie-Syndrom ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Er behandelt die Erkrankung gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Fachkollegen, spezialisierten Schmerztherapeuten, Neurologen, Psychotherapeuten und Physiotherapeuten. Oft dauert es längere Zeit, bis die Diagnose Fibromyalgie gestellt wird, da das Krankheitsbild sehr vielfältig und schwer zu fassen ist. Die Betroffenen irren nicht selten über Jahre von Arzt zu Arzt. Sie leiden darunter, dass ihre Beschwerden keiner Diagnose zugeordnet werden können. Das schafft Verunsicherung, verzögert zudem die Behandlung und verschlechtert damit die Prognose.

Für die Diagnose müssen die Schmerzen in verschiedenen Körperregionen seit mindesten drei Monaten bestehen. Dazu werten die Ärzte auch verschiedenen Schmerzskalen und Fragebögen aus. Darüber hinaus spielen die sogenannten Tender Points eine zentrale Rolle bei der Abklärung. Das sind bestimmte Druckpunkte, an denen sich bei Betroffenen mit Fibromyalgie typischerweise Schmerzen auslösen lassen. Reagiert der Betroffene bei 11 von 18 Punkten auf Druck mit Schmerz, ist dies eine Hinweis auf ein Fibromyalgie-Syndrom. Umgekehrt gibt es auch Druckpunkte, die bei der Prüfung nicht schmerzhaft sein sollten.

Ebenso sollten psychische Belastungen wie Konzentrations- oder Schlafstörungen und Antriebsschwäche festgehalten und besprochen werden. Solche begleitenden Symptome sind typisch für das Fibromyalgie-Syndrom.

Verwechslungsgefahr besteht auch mit der „anhaltenden somatoformen Schmerzstörung“ und der „chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren“. Bei diesen werden die Schmerzen durch starke psychische Belastungen verursacht – was nicht bedeutet, dass sie bloße Einbildung sind. Bei Fibromyalgie ist das nicht der Fall, auch wenn psychische Belastungen die Beschwerden verschlimmern können.

Fibromyalgie ist bislang nicht heilbar. Sie verursacht aber keine bleibenden Schäden an Muskeln und Gelenken, wobei den Betroffenen weder Invalidität droht, noch sich ihre Lebenserwartung verkürzt. Können die Beschwerden nicht ausreichend gelindert werden, ist einzig der Leidensdruck hoch. Wichtig ist, die Beschwerden möglichst schnell in den Griff zu kriegen. Ein früher Therapiebeginn innerhalb von zwei Jahren nach Einsetzen der Symptome befreit bis zu 50 % der Betroffenen weitgehend von ihren Schmerzen. Jenseits des 60. Lebensjahres bessern sich die Symptome eines Fibromyalgie-Syndroms oft von alleine.